77 KM Ultramarsch Berlin – mein Erfahrungsbericht

Was ist eigentlich ein Ultramarsch und ab welcher Distanz spricht man vom Extremwandern?

In den meisten Fällen spricht man von einer Ultrawanderung (analog zum Laufen) von einer Distanz, die länger ist als die Marathondistanz. Ein Marathon sind 42,195 Kilometer. Was darüber hinausgeht ist somit ein Ultra. Damit sind auch all meine bzw. unsere (meist war ich ja gemeinsam mit Dors unterwegs) auch Ultras.

Falls du neu hier bist, wir waren bereits u.a. beim Schlackenmarsch, Megamarsch und Mammutmarsch Nürnberg am Start. Alle Berichte im Detail samt Fotos findest du in der Kategorie (Weit-)Wandern.

Vorab erstmal: warum hats so lange gedauert, bis der Bericht und die Folge erschienen sind. Mir bzw. uns fehlten die Worte. Die Eindrücke, aber auch die Anstrengung war enorm und schwer zu beschreiben. Daher nahmen wir die Folge 14 Tage nach dem Marsch auf. Der Blogbeitrag ging zeitgleich online.

Am 22.03.2025 sind wir allerdings zum ersten Mal bei einer Ultramarsch Veranstaltung gestartet, die eben auch genauso heißt. Der Ultramarsch Berlin. Hier stehen zwei Distanzen zur Wahl: 75 KM oder 120 KM. Laufen oder sog. Speedhiking (Wandern mit Zeitlimit) ist möglich. Wir hatten uns für 75 KM Wandern angemeldet. Zeitlimit 17 Stunden (wobei wir auch bei einem Finish bis 18 Std noch eine Medaille bekommen hätten).

Wie sind wir drauf gekommen? Der Termin passte zeitlich gut, die Fußballsasion der Kinder ist noch nicht in vollem Gang. Wir bevorzugen das Wandern eher im Frühjahr bzw. Herbst und weniger im Hochsommer. Die Distanz ist eine deutliche Steigerung zur bisher längsten Strecke von 63 KM und nicht direkt eine 100 KM Herausforderung.

So haben wir uns ein günstiges Hotel gebucht das eine gute ÖPNV Anbindung hat und einigermaßen nah am Start / Zielbereich liegt. Die Anreise erfolge am Freitag. Abreise am Sonntag, denn Berlin ist von unserer Heimat ca. 400 KM entfernt.

Am Samstag sind wir um 5 Uhr aufgestanden und mit Bus bzw. S-Bahn zum Startbereich gefahren. Ab 7 Uhr lief der Check in. Wir hatten im Vorfeld einen Token per Mail erhalten und im Check-in bekamen wir einen GPS Tracker. Damit konnte der Veranstalter (und auch alle, mit denen wir den Link geteilt hatten) live verfolgen. Absolut genial finde ich! Kannten wir vorher nicht. Danke dafür. Den Tracker haben wir im Ziel wieder abgegeben.

Start war für alle Teilnehmer um 8.00 Uhr. Die 75 KM Strecke mit einem 17 Std Zeitfenster, die 120 KM mit einem 26 Std Zeitfenster. Die Strecke führte zunächst durch Berlin Brandenburg, Kleinmachnow, Wannsee Richtung Babelsberg bis nach Potsdam. Hier durch die nördliche Vorstadt am Wasser entlang (u.a. Jungfernsee, Krampnitzsee) zurück nach Berlin. Dabei kamen wir u.a. auch am Militärhistorischem Museum der Bundeswehr vorbei und durften vor allem zum Schluss (nach über 50 KM in den Beinen) noch etliche Höhenmeter erklimmen. Ein großer Teil der Strecke führte uns auch durch den Grunewald. Falls ich hier etwas nicht absolut korrekt niederschreibe, liegt das ausschließlich an fehlender Ortskenntnis und ist keine Absicht.

Ein Streckenhighlight war auf jeden Fall der Panoramablick auf dem Hahneberg den wir kurz vor Sonnenuntergang erreichten. (Bilder davon ganz unten).

Verpflegung:

wie üblich, diesmal hatte ich allerdings etwas Zuviel dabei. Nötig waren definitiv Salztabletten, Elektrolytlösung zum Anmischen mit Wasser, Gele (irgendwann wird auch essen und kauen anstrengend) und ein Bifi Roll. Der Abstand zwischen den drei VPs lag bei ca. 20 KM also grob 4 bis 5 Stunden. Was ich nicht gebraucht habe: Nussmischung und die kleinen Salzbrezeln. Auch von der dritten Wasserflasche haben wir uns bei der zweiten VP verabschiedet und das Pfand ans Orga Team „gespendet“.

Nachts lag der Drachenberg auf unserer Route. Ich hatte aufgrund der Anstrengung und der fortgeschrittenen Uhrzeit dort allerdings keine Lust Fotos in der Nacht aufzunehmen. Wie das? Wo ich doch so gerne fotografiere? Handy aus der Bauchtasche rausholen obwohl dort ja die Navigation läuft, stehen bleiben, mit dem Trekkingstecken in der Hand, Foto machen, Handy wieder in die Bauchtasche – zu diesem Zeitpunkt hatte ich dazu keine Lust mehr. Immerhin waren wir bereits 14 Std unterwegs und somit auch etwa 17 Stunden wach. Das als Zusatzinfo am Rande.

Insgesamt fand ich es suboptimal gerade die „höhenmeterlastigen“ Streckenabschnitte ans Ende zu legen.
Meine Garmin zeigte im Ziel übriges 680 Höhenmeter an – Komoot hatte in etwa 400 vorausgesagt. Das hatten wir so nicht auf dem Schirm.
Nachts sind auch Treppenstufen mitten im Wald, Wildschweingeräusche und Wurzeln eine große Herausforderung. So zumindest empfinde ich das. Wenn auch der Waldboden insgesamt selbstverständlich für die Füße viel angenehmer ist als Asphalt. Für mich steht auf jeden Fall auch fest, alleine würde ich das nachts nicht absolvieren wollen und ich bin total dankbar, dass wir uns zu zweit dieser Herausforderung gestellt haben. Auch das ist absolut typabhängig, aber ich schreibe hier ja meinen persönlichen Erfahrungsbericht. Da darf dieser Punkt einfach nicht fehlen.

Wann war der Tiefpunkt?

Bei mir so in etwa bei KM 65, bei Doris etwas früher glaube ich. Ab da haben wir uns im wahren Sinne des Wortes Schritt für Schritt durchgequält. Warum haben wir nicht aufgehört oder abgebrochen? Nun so mitten im „Nirgendwo“? Das schien unmöglich. Schließlich gingen wir nachts stundenlang durch den Wald. Aufgrund unserer fehlenden Ortskenntnis waren wir uns nicht sicher, ob es in der Nähe die Möglichkeit zur Abholung gegeben hätte und da das Ziel in greifbarer Nähe war, stand fest: wir ziehen durch. Fluch und Segen zugleich. Wer weiß, wie wir uns entschieden hätten, wenn es z. B. eine U-Bahn Station gegeben hätte.

Gerade die letzten 4 Kilometer zogen sich dabei wirklich wie Kaugummi. Jeder dieser vier Kilometer fühlte sich an, als würden wir schleichen und pro Kilometer eine halbe Stunde Zeit brauchen – was faktisch nicht so war. Auch zum Schluss hatten wir noch ein Tempo von 4,5 kmh. Absolut der Wahnsinn wie ich finde.

Während ich das schreibe und alles noch einmal Revue passieren lasse, wird mir deutlich bewusst, wie groß unsere Leistung am Wochenende war. Wie sehr wir unsere Grenzen sowohl körperlich als auch mental erreicht bzw. verschoben haben. Ganz langsam kommt auch der unendliche Stolz begleitet von einer wahnsinnig großen Dankbarkeit.

Dankbarkeit für unsere Freundschaft, für die Leistungsbereitschaft meines Körpers aber auch meiner Familie und allen Menschen die uns bei diesem Abenteuer – denn das wars- dieses Wochenende begleitet, angefeuert und unterstützt haben.

Was lief gut – was mache ich beim nächsten Mal besser bzw. anders?

Pluspunkte gibt’s für die Gamaschen und die Stecken. Auch der neue Rucksack war eine gute Wahl. Meine Kleidung insgesamt war sehr gut gewählt. Hier ebenfalls Pluspunkte für die neuen Armlinge – gerne wieder. Scheuerstellen mit Anti Blasen Stick einreiben, Sonnenmilch und Brille mit selbsttönenden Gläsern sind ebenfalls sehr hilfreich.

Was hatte ich an? Wanderhose in 3/4 Länge. Dazu Beinlinge. Die gewohnten Socken und meine Topo Schuhe. Perfekt Match. Außerdem Shirt, Armlinge, eine dünne Fleecejacke und meine superdünne Windjacke. Insgesamt wirklich optimal. Die Temperaturen bewegten sich von 5 Grad nachts bis ca. 15 Grad tagsüber. Meine Stirnlampe ist ebenfalls perfekt – sie leuchtet hell und der Akku hält lange.

Beim nächsten Mal muss ich unbedingt meine Fersen vorm Start tapen! Stichwort: Blasenvorbeugung! Weniger Essen und Trinken einpacken. Außerdem neue Scheuerstellen mit dem Anti-Blasen-Stick einreiben (Stichwort: Oberschenkelinnenseite, Naht der Wanderhose. Hatte ich bisher nie Probleme – lag sicherlich an der Distanz ).

Falls du bis zum Ende gelesen hast – Danke auch dir für deine Zeit. Ich hoffe, der Artikel hat dir einen kleinen Einblick in diesen Kraftakt geschenkt? Alle Details hörst du ausführlich in der Podcastfolge. Solltest du Fragen haben, schreib mir gerne und über Feedback oder einen netten Kommentar freue ich mich immer.

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2 Kommentare zu „77 KM Ultramarsch Berlin – mein Erfahrungsbericht“

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